Sophie Müller (2012). Das Migrationsmanagement der Europäischen Union – Sicherheit, Rassismus und die Konstruktion einer europäischen Identität. Kritische Diskursanalyse des europäischen Außengrenzmanagements am Beispiel der Grenzschutzagentur FRONTEX.

Der Vertrag zur Durchführung des Schengener Abkommens aus dem Jahr 1990, und die daraus resultierende Abschaffung der Personenkontrollen an den Binnengrenzen, führte zu einer Verlagerung der Grenzkontrollen an die Außengrenzen der Europäischen Union. Migration in die Europäische Union war damit nicht mehr allein die Angelegenheit der einzelnen EU-Staaten, sondern betrifft seit Schengen den gesamten europäischen Raum. Daraus resultierte der Bedarf der EU nach einem gemeinsamen Grenz- und Migrationsmanagement, welches im Haager Programm im Jahr 2004 verabschiedet wurde. Eine Schlüsselfigur der europäischen Grenzpolitik ist die Grenzschutzagentur Frontex, die die operative Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten beim Schutz der Außengrenzen unterstützt und koordiniert. Unter der Verwendung verstärkter Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen verfolgt Frontex das Ziel, die Migration in den EU-Raum zu kontrollieren bzw. zu verhindern. Das Management der Außengrenzen, welches einer ständigen Optimierung unterliegt, schließt inzwischen auch Kooperationsabkommen mit Nicht-EU-Staaten ein, aus denen vermehrte Migrationsbewegungen zu verzeichnen sind. Auf diese Weise soll bereits die Ausreise der Flüchtlinge aus ihren Heimatländern verhindert werden.

Mit Hilfe der kritischen Diskursanalyse werden in der vorliegenden Arbeit drei politische Reden analysiert, die sich auf die Grenzschutzagentur und das Grenz- und Migrationsmanagement der EU beziehen. Anhand der Analyse soll nachgezeichnet werden, mit welchen linguistischen Mitteln das Grenzmanagement von den EU-Politikern begründet und legitimiert wird. Ziel dieser Arbeit ist weiter die Beantwortung der Frage, wie eine gemeinsame europäische Identität konstruiert wird, und inwieweit diese Identitätskonstruktion mit Diskriminierungsprozessen und rassistischer Ausgrenzung zusammenhängt. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass sich die EU von den Drittstaaten, aus denen die Migration erfolgt, deutlich abgrenzt. Der Diskurs verdeutlicht zudem, dass die MigrantInnen als Gefahr für die Sicherheit der EU dargestellt werden. Die Konstruktion dieser, von „außen“- kommenden Gefahr, schafft die Voraussetzung dafür, dass die EU als innere Einheit erscheinen kann, wodurch die Identität Europas gefestigt wird. Indem die Migration als Bedrohung für die EU-Bevölkerung dargestellt wird, begründet und legitimiert die Europäische Union die zunehmend restriktiven Maßnahmen, die im Zuge ihres Außengrenzmanagements durchgeführt werden.