Annelies Schimak (2011). Über die Schamesröte einer jungen Turnusärztin – Die Darstellung der Psychosomatik in Lehrbüchern der Medizin.

Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit der Integration psychosomatischer Inhalte in die medizinische Grundausbildung. Anhand der Analyse der Darstellung der Psychosomatik in Lehrbüchern der Medizin soll versucht werden, einen Einblick in die diskursiven Praktiken zu geben, mit deren Hilfe diese Integration stattfindet – oder eben nicht.

Neben einer kurzen Darstellung verschiedener Begrifflichkeiten und der Sprache der Medizin im Allgemeinen findet im einleitenden Theorieteil eine Auseinandersetzung mit grundsätzlichen Zugangsweisen und Paradigmen der Biomedizin sowie der Psychosomatik statt. Im Anschluss daran wird die gewählte Methode der kritischen Diskursanalyse mitsamt ihrer Wurzeln bei Foucault vorgestellt. Die dabei erscheinende Grundfigur vom komplexen Zusammenspiel von Wahrheit und Macht wird insbesondere im Hinblick auf den hier gewählten Zugang – den wissenschaftlichen (Lehrbuch) -diskurs – untersucht. Mithilfe verschiedener – speziell auf das Material abgestimmter – methodischer Elemente wird in einer umfassenden Strukturanalyse eine gezielte Auswahl einzelner Texte getroffen, die dann einer genauen (und vornehmlich) sprachlichen Feinanalyse unterzogen werden.

Hauptergebnis der Arbeit ist der Befund, dass psychosomatische Inhalte entweder ganz weggelassen werden oder nur in einer marginalisierenden und/oder entwertenden Form Platz finden, fast durchgehend immer jedoch so, dass grundlegende biomedizinische Prinzipien nicht in Frage gestellt werden müssen. Die Einbeziehung der Psyche erfolgt, wenn überhaupt, nur in Bezug auf die Krankheitsverarbeitung, jedoch nicht als krankheitsursächlich. Psychosomatische Ideen werden – der strengen biomedizinischen Subjekt-Objekt-Dichotomie folgend – als „subjektive“ oder „persönliche“ Theorien dargestellt, in einigen Beispielen sogar der „Täuschung“ oder dem „Simulantentum“ nahe gerückt. Andere Entwertungen passieren in Form der Betonung des Fehlens körperlicher Nachweise und der Harmlosigkeit der Beschwerden sowie im Weglassen lateinischer Fachtermini. Auch konnte auf mehreren Ebenen dargestellt werden, dass „psychosomatische Symptome“ eher einer weiblichen Patientinnenschaft zugeschrieben werden.