Martin Wieser (2013). Images of the invisible. How psychology found its media (and vice versa).

Alle in dieser Dissertationsschrift enthaltenen Beiträge widmen sich dem Ansinnen, die traditionelle, textbasierte Psychologiegeschichtsschreibung um medien- und bildtheoretische Dimensionen zu bereichern. Im Anschluss an neuere Ansätze aus der Bildwissenschaft, Medientheorie und Wissenschaftsgeschichte und -theorie wird der Anspruch verfolgt, die Rolle und Funktion des Bildes in der psychologischen Wissensproduktion nachzuzeichnen und dabei die Bedingungen und Grenzen des Bildgebrauches innerhalb der Psychologie aufzuzeigen.

Im ersten Kapitel dieser Dissertation wird, ausgehend von Ludwik Flecks Begriff des „Denkstils“ und dem Bilde als „Ideogramm“ die methodologische Grundlegung einer bildzentrierten Historiographie dargelegt. In Anlehnung an den aus der Kunstgeschichte stammenden Ansatz der ‚Diagrammatik‘ folgt eine komparative Analyse verschiedener Diagrammtypen aus der Psychologiegeschichte mit besonderem Augenmerk auf deren theoretische und praktische Implikationen.

Die beiden folgenden Kapitel bestehen aus historischen Fallstudien zweier prominenter Darstellungen aus der Feder von Sigmund Freud und Egon Brunswik. Im Falle Freuds spielten Visualisierungspraktiken aus der Physiologie des 19. Jahrhunderts eine entscheidende Rolle, sowohl in seiner Verbildlichung des „psychischen Apparates“ als auch in seiner Selbstauffassung als wissenschaftlicher ‚Entdecker’ unsichtbarer Strukturen des Unbewussten. Im Gegensatz dazu sah sich Egon Brunswik der Geometrie, Mathematik und dem Experiment verpflichtet. Seine Verbildlichung der Psyche als „Linse“ orientierte sich am Ideal der physikalischen Optik und dem logischen Positivismus. Fritz Heider hingegen, der eigentliche Urheber der „Linse“, teilte Brunswiks Ideale nicht und kritisierte Brunswiks reduktionistisches Verständnis der Psyche und seine rigide Methodologie. Alle Abschnitte dieser Arbeit zeigen beispielhaft, in welchem Ausmaß die Wahl bestimmter Medien das Gegenstandsverständnis und die Methodenwahl der Psychologie beeinflusst. Wie im Untertitel der dieser Arbeit angedeutet, sucht sich nicht nur die Psychologie ‚ihre‘ Medien, sondern sie zeigt sich auch ihrerseits geprägt von den medialen Bedingungen ihrer Wissensproduktion.