Stefan Hampl (2013). Die Videointerpretation von Fernsehshows und Musikvideos ausgewählte Fallbeispiele zur methodologischen Erweiterung der dokumentarischen Methode.

Mit dieser Arbeit wird ein vorrangig methodologisches Erkenntnisinteresse verfolgt: Wie bewährt sich das Verfahren der dokumentarischen Video- und Filminterpretation in der Forschungspraxis und welche Möglichkeiten bestehen zu seiner Erweiterung?

Dazu werden exemplarische Videointerpretationen von Fernsehshows und Musikvideos durchgeführt. In der Gegenüberstellung dieser beiden Gattungen von Videomaterial tritt ein deutlicher qualitativer Unterschied zwischen Bildmischung (Fernsehshows) und Montage (Musikvideos) hervor. Das formal bestimmende Gestaltungselement von Fernsehshows ist die Einstellung, was den Personen vor der Kamera noch gewisse Gestaltungsmöglichkeiten gibt. Demgegenüber ist im Falle von Musikvideos durch die Montage die vollständige Kontrolle sämtlicher Leistungen der Personen vor und hinter der Kamera sichergestellt. Wie die Untersuchung zeigt, werden zur effektiven Rekonstruktion der Montage zusätzliche Instrumente benötigt. Ein zentraler Ansatzpunkt dafür sind Videotranskripte. Mit ihrer Hilfe können etwa Montagemuster eines Videos oder Films verdeutlicht und mit anderem Fallmaterial verglichen werden. Montagemuster lassen sich aber auch direkt hinsichtlich der in ihnen aufgeworfenen Farbkontraste interpretieren. Dafür wurde im Rahmen der Arbeit die Farbkontrasttheorie Ittens für die dokumentarische Methode nutzbar gemacht. Wie gezeigt werden kann, stellt die Interpretation von Farbkontrasten ein wichtiges Bindeglied zwischen Einstellungen und Montage dar. Farbkontraste dokumentieren sich sowohl im Fotogramm als auch zwischen Fotogrammen und bieten damit die Möglichkeit zur wechselseitigen Validierung des ikonischen Sinngehalts. Zur Entwicklung weiterer Instrumente in dieser Arbeit zählt zum einen die Übertragung des Imdahlschen Verfahrens der Kompositionsvariation auf die Variation von Einstellungen, Montage und Gesten bzw. Gebärden. Zum anderen wird die bildgebundene komparative Analyse als Interpretationsinstrument vorgestellt. Auf der Grundlage der formalen Komposition eines Bildes lassen sich mittels spezieller ikonischer Suchalgorithmen im Internet ähnliche Bilder finden. Die dabei entstehenden minimalen und maximalen Kontraste eignen sich wiederum als Ansatzpunkte für die weitere Bild- und Videointerpretation.