Anna Helbok (2021). Fragmente einer Sprache des Schmerzes. Prozesse der (De-)Symbolisierung, Somatisierung und des (Nicht-)Verstehens im Schmerz aus Perspektive der psychoanalytischen Psychosomatik.
In der vorliegenden Masterarbeit geht es um den Schmerz in der Psychosomatik und um die Art und Weise des Sprechens im Schmerz aus einer psychoanalytischen Perspektive. Die Entwicklung des Symbolbegriffs in der Psychoanalyse wird im Zuge des für den in der Symptombildung wichtigen Prozesses der Symbolisierung in der psychoanalytischen Psychosomatik untersucht. Mit Freuds Aktualneurose-Konzept und zeitgenössischen psychoanalytischen Positionen in Frankreich (Marty, Aisenstein & Smadja), Großbritannien (Bion) und Argentinien (Fischbein) nimmt die Arbeit auch nicht-symbolische Symptombildung und Prozesse der Somatisierung in den Blick und macht nachvollziehbar, vor welche neuen Herausforderungen die sogenannten ‚Schmerzerkrankungen‘ die Theoriebildung stellen. Das Verhältnis zwischen mentalen Prozessen und Somatisierung wird zudem aus metatheoretischer Perspektive kommentiert und es werden die Methoden der Psychoanalyse in der Theoriebildung – vorwiegend die Fallgeschichte – kritisch reflektiert. Dieser erste Teil ist als Theorie-Arbeit gestaltet und kann jene zentrale Bewegung im psychoanalytischen Diskurs des Endes der Symbolisierung im Schmerz sowie eine Bewegung hin zur (Wieder-)Gewinnung von Bedeutung im Schmerz in der klinischen Psychoanalyse zeigen.
Im zweiten Teil wird der Schmerz in seinen phänomenologischen Qualitäten der ‚Widrigkeit‘ (Grüny), Negativität und in der Frage nach symbolischen und semiotischen (Kristeva) Sinngehalten und dem subjektiven (Nicht-)Verstehen im Hinblick auf erstes empirisches Material vorgestellt. Dieses Material besteht aus zwei Falldarstellung von Erstgesprächen mit psychosomatischen Schmerzpatientinnen. Für die Charakteristika des Sprechens im Schmerz wird aus diesem Material die para-sprachliche Strukturierung des Textes (Seufzen, Ein-/Ausatmen etc.) sowie das affektive und szenische Geschehen bei gleichzeitigen Leerstellen und Nachreichungen in der Erzählung deutlich. Von den ersten Erkenntnissen wird in der Arbeit eine mögliche Methodologie für das Erforschen des Sprechens im Schmerz in der Psychosomatik abgeleitet: die Methoden-Triangulation zwischen Konversationsanalyse (Buchholz) und Tiefenhermeneutik (König). Die Arbeit soll für die Differenzen zwischen symbolischem Sprechen und jenem ‚Sprechen‘, das auf ein Fehlen von Symbolisierung im Schmerz verweist, sensibilisieren.